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Jugendpartizipation in der Praxis

Das Mentoringprogramm von #MitmischenNRW

Jungen Menschen Mitsprache in politischen Entscheidungen zu verschaffen – das ist eines der Hauptziele von #MitmischenNRW, einem Projekt von Germanwatch e.V. in Kooperation mit dem Landesjugendring NRW.

Im August 2024 hat im Rahmen dieses Projekts ein Mentoringprogramm gestartet, welches jungen Menschen den Austausch mit Abgeordneten aus dem nordrhein-westfälischen Landtag ermöglicht. In drei Gesprächsrunden treffen die Jugendmentor:innen sich mit Abgeordneten des Landtags NRW, um ihre Ideen für ein nachhaltiges NRW zu besprechen. Die Gesprächsgruppen bestehen aus zwei bis fünf Jugendmentor:innen und einer:m Abgeordneten.

Gruppenfoto im Landtag

Foto: Germanwatch e.V. | Tobias Regesch

Das Wort Mentoring beschreibt den Wissenstransfer in persönlichen Beziehungen. Dabei gibt traditionell eine schon erfahrene Person (Mentor:in) ihr fachliches Wissen und ihre Erfahrungen in einem Bereich (bspw. Politik) an eine noch unerfahrenere Person (Mentee) weiter. Im Projekt #MitmischenNRW beruht das Mentoring hingegen auf gegenseitigem Lernen. Politiker:innen geben den jungen Menschen Einblicke in die Hintergründe politischer Entscheidungen. Diese wiederum teilen ihre Perspektiven, politischen Anliegen und Forderungen.

Die Relevanz des Austauschs zwischen jungen Menschen und Politiker:innen

Viele junge Menschen denken nicht, dass sie und ihre Ansichten in der aktuellen Politik ausreichend gesehen und miteinbezogen werden. 

„Ich habe nicht das Gefühl, dass meine Stimme in der Politik berücksichtigt wird.”

Andi, 24, Teilnehmer des Programms

So geht es vielen jungen Menschen: 45% der 18-30-Jährigen in Deutschland äußern Misstrauen gegenüber dem Parlament . In der aktuellen SINUS-Jugendstudie 2024 zeigte sich außerdem, dass die Mitsprache junger Menschen häufig daran scheitert, dass sie sich von den älteren Generationen nicht respektiert und ernst genommen fühlen.

Das Mentoringprogramm soll dazu beitragen, dass die Stimme junger Menschen mehr in der Politik berücksichtigt wird, damit ihre Perspektiven mehr vertreten werden und langfristig Vertrauen in die Regierung aufgebaut wird. Dafür ist ein Austausch auf Augenhöhe zentral. Diese Erfahrung machen auch Politiker:innen im Mentoringprogramm von #MitmischenNRW:

„Ernst nehmen und wertschätzen ist glaube ich ganz, ganz wichtig.”

Klaus Hansen, CDU Landtagsfraktion NRW

Die Jugend hat natürlich nochmal einen ganz anderen Blick, auch auf politische Themen. Und das ist für uns enorm wichtig, dass wir der Jugend auch eine Stimme geben und ihr zuhören. Politik lebt eben auch vom Dialog.

Franziska Müller-Rech, Abgeordnete des Landtags Nordrhein-Westfalen

Das steckt hinter dem Mentoringprogramm

Das Mentoringprogramm ist ein Beispiel für die politische Umsetzung von Bildung für nachhaltige Entwicklung, wie sie im UNESCO-Programm BNE2030 gefordert und auf nationaler Ebene vom Bundesministerium für Bildung und Forschung umgesetzt wird. 

Das Mentoringprogramm basiert auf dem Konzept des Handabdrucks, dem Bildungs- und Engagementkonzept von Germanwatch. Die Erkenntnis dahinter ist, dass der Fokus auf individuelle Verhaltensveränderungen (den „ CO2-Fußabdruck“ reduzieren) Menschen nicht zu eigenem Engagement ermutigt und individuelles Handeln auch nicht ausreichend ist, um die Klimakrise zu lösen. Um eine umfassende Veränderung hin zu einer nachhaltigeren Gesellschaft zu ermöglichen, müssen unsere politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Strukturen verändert werden. Wir müssen die nicht-nachhaltigen Rahmenbedingungen selbst verändern, damit es für uns alle einfacher ist nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

Das Mentoringprogramm von #MitmischenNRW befähigt junge Menschen zu genau diesem strukturveränderndem Engagement, statt ihr Engagement auf Veränderungen im privaten (Konsum-)verhalten zu beschränken.

Fotos: Germanwatch e.V. | Tobias Regesch

Das sagen die Teilnehmenden

Die ersten Reaktionen der Jugendmentor:innen bei der Auftaktveranstaltung im Landtag NRW sind positiv.

„Heute bei den Gesprächen mit den Abgeordneten hatte ich das Gefühl, dass meine Stimme gehört wird und berücksichtigt wird und möchte deshalb andere Jugendliche dazu ermutigen, dasselbe zu tun.”

Antonia, 16, Teilnehmerin des Programms

Und auch bei den Abgeordneten kommt das Programm gut an. Frank Müller (SPD) betont die Bedeutung von Jugendbeteiligung: “Ich glaube, das ist die beste Basis für unsere Demokratie.”

„Weil wir Alten nicht alles wissen und alles können. Wenn wir ganz, ganz früh anfangen, die jungen Menschen ernstzunehmen, wertzuschätzen, dann wird die Sache gut. Dann können wir gemeinsam was erreichen.”

Klaus Hansen, CDU Landtagsfraktion NRW

Aktuell sind die Gespräche zwischen Mentor:innen und Mentees in vollem Gange. Bis Anfang des Jahres 2025 findet die erste Runde des Mentoringprogramms statt. Eine weitere Runde ist geplant. Aktuelle Updates hierzu gibt es über den Germanwatch BNE-Newsletter - die Anmeldung ist über diesen Link möglich.

Die Ambitionen für die Zukunft sind groß: Simon Zerzawy, 18, Jugendmentor und Freiwilliger bei Germanwatch, sagt: „Wir sind noch längst nicht da, wo wir hin wollen, nämlich zu einer ständigen Beteiligung“. Langfristig ist das Ziel, die Beteiligung junger Menschen am politischen Geschehen institutionell zu verankern, etwa durch einen Jugend-Check oder Jugendbeiräte, die ein Vetorecht haben.

 

Quellen

von Görtz, R.; Langness, A. (2024): Jung. Kritisch. Demokratisch. Perspektiven junger Erwachsener auf die Herausforderungen unserer Zeit. Hrsg. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh.

Calmbach, M.; Flaig, B.; Gaber, R.; Gensheimer, T.; Möller-Slawinski, H.; Schleer, C.; Wisniewski, N. (2024): Wie ticken Jugendliche? SINUS-Jugendstudie 2024: Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

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