Klimagerechte Kommunen - Transformationspotenzial direkter Demokratie
Durch direkte Demokratie die Klimawende selbst in die Hand nehmen
Bürgerbegehren können als Musterbeispiel für transformatives Engagement herangezogen werden. Das Umweltinstitut München e. V. unterstützt bundesweit Initiativen bei den notwendigen Schritten auf ihrem Weg zur klimapolitischen Mitbestimmung in der eigenen Kommune.
Mit direkter Demokratie aus der Ohnmacht zur Transformation
„Die Politik verspricht am Anfang viel und umgesetzt wird davon wenig.“ Diese Haltung haben mittlerweile viele Menschen eingenommen. Sie scheint nicht nur für globale oder Bundespolitik zuzutreffen, sondern auch in unseren Kommunen und Städten. Doch politische Beschlüsse für klimagerechte Maßnahmen sind eine unabdingbare Voraussetzung für die sozial-ökologische Transformation. Häufig löst dieser Widerspruch ein Gefühl von Machtlosigkeit und Ohnmacht aus, so dass sich Bürger:innen der Politik überdrüssig fühlen.
Dieser Demotivation wollen wir entgegenwirken und möglichst vielen Menschen ermöglichen, die Transformation mitzugestalten. Unser Plan: Die Entscheidungsmacht muss in die Hände der Bürger:innen gelegt werden. Wir wollen sie an ihre Rechte und Möglichkeiten zur Mitgestaltung erinnern, denn diese sind größer als viele bislang glauben. Mit direkter Demokratie können auch kleine, engagierte Gruppen ambitionierte klimapolitische Ziele formulieren und die Politik verpflichten, sie umzusetzen.
Copyright: Umweltinstitut München e.V.
Hier kommt das Klimawende von unten-Team ins Spiel: Seit 2019 unterstützen wir mit unserer Expertise in direktdemokratischen Beteiligungsmöglichkeiten und kommunaler Energiewende engagierte Gruppen in ganz Deutschland, die die Energietransformation vor ihrer Haustür selbst anpacken wollen. Wir befähigen Initiativen dazu, ein Bürgerbegehren zu starten und durchzuführen. So können Bürger:innen den Solarausbau in ihren Städten vorantreiben, ihre Stadtwerke zu Ökostromversorgern machen oder kommunale Gaskraftwerke abschalten. Wir beraten und begleiten Kampagnen intensiv und unterstützen die Vernetzung sowie den Wissenstransfer in der Klimawende-Bewegung. Für ihre Kampagnen können lokale Initiativen auf Muster-Abstimmungsfragen zurückgreifen, die wir formuliert und rechtlich geprüft haben.
Was ist ein Bürgerbegehren und was können wir damit erreichen?
Ein Bürgerbegehren ist ein Antrag darauf, dass Bürger:innen per Abstimmung zu konkreten Fragen eine Entscheidung auf Ebene der Kommunalpolitik treffen. Nach einer erfolgreichen Unterschriftensammlung kann so ein Antrag zu einem Bürgerentscheid führen.
Das Ergebnis eines Bürgerentscheids ist so verbindlich wie ein Gemeinde- oder Stadtratsbeschluss. So können klimapolitische Entscheidungen umgesetzt werden, auch wenn die regierenden Parteien nicht handeln. Der Weg ist dabei teilweise schon das Ziel. Mit einem Bürgerbegehren entfachen wir nämlich eine Debatte und erzeugen Aufmerksamkeit für unser Thema, oft auch überregional.
Mit Bürgerbegehren im Sinne des Handabdrucks transformieren
Bürgerbegehren und direkte Demokratie sind somit eine Form von transformativem Engagement. Dieses ist zielgerichtet im Sinne des Klimaschutzes, womit es sich von bürgerschaftlichem Engagement unterscheidet. Die entsprechenden Formate legen den Fokus darauf, nachhaltige Strukturen und Rahmenbedingungen zu verankern. Außerdem stärken sie die Ausrichtung auf klimawirksame Handlungen in der Gruppe.
Grundlagen zum Handabdruck-Konzept und zu transformativer Bildung können auf diesem Blog nachgelesen werden.
Ein Bürgerbegehren als Durchbruch zu Ökostrom in Köln
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Ein Beispiel aus Köln zeigt, wie Bürger:innen selbst die Klimawende in die Hand nehmen können:
Dank des Klimawende von unten-Handbuchs wussten einige motivierte Klimaschützer:innen aus Köln was zu tun war, damit ihr lokales Braunkohlekraftwerk früher abgeschaltet wird. Denn das Jahr 2038, das die Stadt dafür vorgesehen hatte, war ihnen deutlich zu spät.
Download-Link Handbuch
Nach einem Kick-off-Workshop mit Klimawende-Expert:innen des Umweltinstituts München und von BürgerBegehren Klimaschutz begann die Bürgerinitiative, konkrete Forderungen für eine Kampagne auszuarbeiten.
Im Vorfeld hatten die mittlerweile rund 20 Aktiven ausgiebig zu ihrer Energieversorgung recherchiert. Nach einiger Zeit kristallisierte sich ein klares Kampagnenziel heraus: Die Initiative wollte ihren kommunalen Energieversorger, die RheinEnergie (eines der größten und dreckigsten Stadtwerke Deutschlands) zum Ökostromversorger machen. Und zwar mit echtem Ökostrom: Dafür sollte die RheinEnergie eigene EEG-Anlagen errichten. Die Windparks, deren staatliche Förderung bald ablief, sollten erhalten werden und die Kölner:innen sollten günstige Solarenergie von ihren eigenen Dächern beziehen.
Klingt ziemlich ambitioniert? War es auch, aber machbar: Die Engagierten ließen die Abstimmungsfrage ihres Bürgerbegehrens gemeinsam mit der Klimawende von unten juristisch prüfen, um Schlupflöcher für die RheinEnergie zu schließen. Zusätzlich zu der konkretisierten Abstimmungsfrage präsentierte die Kölner Gruppe eine Rechnung, die zeigte, dass die Stadt sogar mehrere Millionen Euro sparen könnte, wenn sie sich an diesen Vorschlag hielt. Mit dieser Vorbereitung war der Erfolg der Unterschriftensammlung so gut wie sicher. Gemeinsam mit der Stadt Köln hat die RheinEnergie beschlossen, bis 2035 ihre Strom- und Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen und arbeitet nun an der Umsetzung.
„Es war ein total spannender Gruppenprozess, als wir gemeinsam recherchiert haben, wo in Köln wie viel emittiert wird. Wir haben uns den Geschäftsbericht der RheinEnergie angeschaut, viel im Ratsinformationssystem der Stadt Köln gelesen, nach Papieren und Zahlen geforscht. Es war extrem empowernd, als wir dann gemerkt haben: Da können wir konkret etwas machen!“
Anna Prieß hat an den Abbruchkanten der Braunkohle-Tagebaue im Kölner Umland protestiert, bevor sie sich bei der „Klimawende Köln“ zu engagieren begann.
Dies ist nur ein Beispiel erfolgreicher Klima-Bürgerbegehren: Auch in Städten wie Hannover, Kassel und Hamburg erkannten kleine Netzwerke engagierter Personen das Transformationspotenzial vor Ort und packten selbst mit an.
Klimawende-Barcamp am 30. September in Düsseldorf
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Auf dem Klimawende-Barcamp am 30. September 2023 in Düsseldorf nehmen wir sozial-ökologische Umgestaltung im Sinne des Handabdrucks selbst in die Hand.
Webseite zum Barcamp und Anmeldung
Doch was brauchen Bürger:innen, um einen solchen bürgerschaftlichen Transformationsprozess zu starten? Eine aktive Gruppe, Wissen und Empowerment. Genau diese Dinge wollen wir den Teilnehmenden des Klimawende-Barcamps am 30. September in Düsseldorf mit an die Hand geben. Einen ganzen Tag lang können sich Klimaaktive aus NRW vernetzen, über die Bedarfe in ihren Kommunen austauschen, voneinander lernen und neue Energie und Kampagnenideen für ihren Einsatz im Klimaschutz mitnehmen.
Was ist ein Barcamp?
Bei einem Barcamp können die Teilnehmenden ihre eigenen Themen oder Projekte einbringen. Sie tauschen sich dazu mit anderen in flexiblen Kleingruppen aus. So können sie einerseits vom Erfahrungsschatz anderer profitieren und gleichzeitig Menschen begeistern, sich mit ihnen für das Anliegen einzusetzen. Sicherlich entstehen so beim Austausch über die aktuellen kommunalen Klimaschutzbedarfe auch neue Kampagnenideen.
Gemeinsam mit den Teilnehmenden überlegen wir, zu welchen Themen eine Kampagne sinnvoll und erfolgsversprechend ist. Parallel unterstützen wir zu Fragen rund um Bürgerbegehren & Co. Mit einer Keynote des argentinischen Klimaaktivisten Esteban Servat blicken wir auf die systemische, globale Dimension von Klimagerechtigkeit und diskutieren deren Zusammenhang mit der klimagerechten Wirkung unseres Engagements.
Wir stärken konkrete Ideen und bilden neue Netzwerke
An diesem Tag wirken wir in vielen zentralen Aspekten des Handabdrucks: Wir stärken politische Grundpfeiler, indem wir unser Wissen und unsere Expertise zu direkter Demokratie teilen und ausbauen. So befähigen wir zur aktiven politischen Mitgestaltung und entfalten transformatives Wirkpotenzial, das systemische nachhaltige Strukturen verankert. Gemeinsam, informiert und motiviert steht unseren transformativen Kampagnenideen danach nichts mehr im Weg.
Das Klimawende-Barcamp findet unter dem Motto „Klimagerechte Kommunen erkämpfen“ am 30. September im Haus der Jugend, Düsseldorf statt.
Förder:innen
Das Handbuch „Klimawende von unten“ und das Klimawende-Barcamp sind Kooperationsprojekte von:
Anmerkung: Die Christliche Initiative Romero e.V. begleitet als Teil des Projekts « Game On « die Vergabe von EU-Drittmitteln, die in dieses Projekt fließen und ist dabei nicht für dessen Inhalte verantwortlich. Dieser Blogbeitrag wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union erstellt. Der Inhalt dessen liegt in der alleinigen Verantwortung des Umweltinstituts München und kann unter keinen Umständen als Ausdruck der Position der Europäischen Union angesehen werden.
Illustration zum Beitrag: Jörg Farys (c)
User Biographie
Julia Hauser ist Praktikantin bei der Klimawende von unten, wo sie das Barcamp mitorganisiert. Sie hat ihren Bachelorabschluss in Psychologie in Regensburg gemacht und hat sich in klimapsychologischen Praktika und im Engagement viel mit Klimapsychologie und Klimakommunikation beschäftigt.
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